Die Beantragung eines Pflegegrades ist für viele pflegebedürftige Menschen und ihre Familien ein wichtiger Schritt, um notwendige Unterstützung zu erhalten. Wenn wenige Wochen nach der Begutachtung durch den Medizinischen Dienst (MD) bzw. Medicproof der Bescheid von der Pflegekasse eingeht, ist die Spannung groß. Doch nicht immer fällt das Ergebnis wie erhofft aus: Fast jeder fünfte Antrag auf Erteilung eines Pflegegrades wird abgelehnt. Auch ist es möglich, dass Betroffene sich zu niedrig eingestuft fühlen. Das kann frustrierend und entmutigend sein. Doch Sie können dagegen vorgehen. In diesem Beitrag erfahren Sie, wie Sie Widerspruch einlegen können.
Zunächst ist es wichtig, die Gründe für die Ablehnung des Pflegegrades zu verstehen. Diese können ganz unterschiedlich sein, möglich sind etwa folgende Ursachen:
Neben solchen
inhaltlichen Gründen gibt es in seltenen Fällen auch
formale Gründe. Erfolgt der Bescheid beispielsweise ohne Begründung und es liegt kein Gutachten bei, wird er automatisch ungültig. Sie können dann ohne weitere Begründung Widerspruch einlegen. Jedoch führt das oft nur dazu, dass Sie kurze Zeit später einen gültigen Bescheid mit dem gleichen Inhalt erhalten.
Für einen erfolgreichen Widerspruch ist vor allem eine gute Begründung notwendig. Dazu sollten Sie das erstellte Pflegegutachten genau kennen, meistens liegt dies bereits dem Bescheid bei. Andernfalls sollten Sie es umgehend anfordern. Lesen Sie die Ablehnungsbegründung genau durch und prüfen Sie, ob auch wirklich alle relevanten Informationen und Dokumente berücksichtigt wurden. Wo weicht das Gutachten von der tatsächlichen Pflegesituation ab? Was wurde nicht angemessen berücksichtigt? Es ist übrigens auch schon vorgekommen, dass die Pflegebedürftigkeit aufgrund eines Rechenfehlers falsch beurteilt wurde. Rechnen Sie die vergebenen Punkte in den einzelnen Kategorien also auf jeden Fall einmal nach.
Möchten Sie Widerspruch einlegen, haben Sie dafür ab Erhalt des Bescheids einen Monat Zeit. Gehen Sie folgendermaßen vor:
💡 Unser Tipp: Sie können sich im Falle einer Ablehnung natürlich fachkundige Unterstützung einholen. Lassen
Sie etwa Ihre*n Hausärzt*in oder Pflegekräfte einen Blick auf das Pflegegutachten werfen. Auch
Pflegeberater*innen kennen das Widerspruchsverfahren gut und können helfen.
Viele Betroffene fragen sich, ob die Chancen auf einen erfolgreichen Widerspruch überhaupt gut stehen. Allgemein kann man das bejahen, denn
viele Widersprüche haben Erfolg. Doch hängen die Erfolgsaussichten immer ganz von der individuellen Situation ab. Fehlen beispielsweise nur wenige Punkte zum nächsthöheren Pflegegrad, stehen die Chancen sehr gut.
Die Pflegekasse hat bis zu drei Monate Zeit, um auf Ihren Widerspruch zu reagieren. Normalerweise werden Sie schon nach nur wenigen Tagen oder Wochen eine Antwort erhalten. Oft wird dann eine Wiederholungsbegutachtung angesetzt, die ähnlich wie die erste Begutachtung abläuft. Es wird also wieder die gesamte Pflegesituation beurteilt. Es kann jedoch sein, dass die Gutachterin bzw. der Gutachter einen besonderen Klärungsbedarf bei den Punkten sieht, denen Sie im Erstgutachten widersprochen haben. Grundsätzlich ist die zweite Begutachtung aber unabhängig von der ersten. Bereiten Sie sich wie auch beim ersten Besuch des MD bzw. von Medicproof gut auf den Termin vor, indem Sie etwa ein Pflegetagebuch führen und wichtige Unterlagen bereithalten.
Stellt die Pflegekasse fest, dass tatsächlich ein (höherer) Pflegegrad als im Erstgutachten vorliegt, erhalten Sie übrigens auch rückwirkend die entsprechend (höheren) Pflegeleistungen.
Als letzten Schritt im Widerspruchsverfahren gibt es auch noch die Möglichkeit, vor Gericht zu ziehen. Hat Ihr Widerspruch keinen Erfolg, können Sie kostenlos eine Klage beim Sozialgericht einreichen. Das geht in folgenden Fällen:
Eine Klage ist mit viel Zeit und Mühe verbunden.
Lassen Sie sich vorher rechtskundig beraten, wie gut Ihre Aussichten auf Erfolg stehen. Seien Sie sich außerdem bewusst, dass Sie die Anwaltskosten selbst tragen müssen, wenn Sie den Rechtsstreit verlieren.
Die Ablehnung eines Pflegegrades ist kein Grund zur Resignation. Es ist wichtig, die Ablehnungsgründe zu verstehen und einen gut vorbereiteten Widerspruch einzulegen. Lassen Sie sich von bürokratischen Hürden nicht abschrecken, holen Sie sich ggf. fachkundige
Hilfe und bleiben Sie hartnäckig. Immerhin ist ein Pflegegrad der ausschlaggebende Punkt, um Pflege und Betreuung zu finanzieren.
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